05.12.2024

Die Smart Factory: Ein Leitfaden für Digital Natives

Georg Beyschlag, Leiter des Amerikageschäfts bei TeamViewer, spricht über die Herausforderungen und die Vorteile von IT/OT-Konvergenz in der verarbeitenden Industrie.

  • Frontline Worker digitalisieren
  • Digital Natives, die in der IT-Branche tätig sind, nutzen die neuesten Technologien, um effizienter zu arbeiten und Innovationen voranzutreiben. Sie sind in der Regel mit modernen digitalen Lösungen bestens vertraut und wissen, wie sie diese an ihrem traditonellen Arbeitsplatz optimal einsetzen. Doch wie lässt sich diese Herangehensweise auf Arbeitsumgebungen wie beispielsweise Fabriken übertragen?

    Im Büro setzen wir Technologie ganz anders ein als in der Produktion, denn die Prozesse und Herausforderungen, mit denen Werksleitende tagtäglich konfrontiert sind, unterscheiden sich grundlegend von denen der IT.

    Durch die Vernetzung von Maschinen, Prozessen und Datenanalysen können Fabriken dank moderner Technologie ihre Effizienz steigern. Um jedoch eine wirklich intelligente Fabrik zu verwirklichen, müssen wir die spezifischen Anforderungen und Einschränkungen verstehen, die Fabriken mit sich bringen. Darüber hinaus müssen wir Lösungen schaffen, die sowohl in der digitalen als auch der realen Welt von Nutzen sind.

    Lückenlos arbeiten: IT und OT vernetzen

    In der Fabrik der Zukunft müssen IT und Betriebstechnologie (OT) reibungslos ineinander greifen. IT-Manager, die neue digitale Werkzeuge einführen wollen, müssen die Technologie, die in den Produktionsstätten zum Einsatz kommt und die Bedürfnisse der Betriebsleitenden verstehen.

    Sie müssen beide Bereiche kennen und sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten erfassen. Aus der Perspektive einer Smart Factory betrachtet, bedeutet Vernetzung in der realen Welt, dass Echtzeitdaten der gesamten Fabrik miteinander verknüpft werden müssen.

    Dieser Brückenschlag ist keineswegs trivial und eher ein kulturelles als ein technologisches Problem. IT-Manager und Betriebsleitende haben in Bezug auf die Nutzung von Daten unterschiedliche Ansichten und Prioritäten. IT-Mitarbeitende denken oft, dass die Einführung neuer Technologien in einer Fabrik keine große Sache ist.

    Im Gegensatz dazu sind die Betriebsleitenden eher realistisch eingestellt. Ihr Ziel sind eine lückenlose Produktivität und minimale Unterbrechungen. Eine hohe Effizienz sowie die Aufrechterhaltung der Produktion unter allen Umständen stehen für sie in der Regel im Vordergrund. Da ihre Prioritäten einander scheinbar widersprechen, kann dies zu Problemen führen.

    Beispielsweise haben IT- und OT-Führungskräfte unterschiedliche Erfolgsmaßstäbe. Die IT legt ihr Augenmerk auf Kennzahlen wie Serviceverfügbarkeit, mittlere Problemlösungszeit, Support-Tickets, durchschnittliche Bearbeitungszeit und IT-Sicherheit.

    Im Gegensatz dazu konzentriert sich die OT auf Kennzahlen wie Gesamtanlageneffektivität, Rüstzeit, Aufträge pro Stunde, Mängel, Schlechtteile, Ausfallzeiten und Nutzungskennzahlen. Aber sowohl die IT- als auch die OT-Seite wollen, dass die Maschinen nahtlos und effizient zusammenarbeiten.

    Der erste Schritt auf dem Weg zur Smart Factory besteht darin, IT und OT in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass das IT-Team die Dateninfrastruktur und den Software-Stack auf der OT-Seite verwalten können muss.

    Das OT-Team muss davon überzeugt sein, dass diese Veränderung für sie von Vorteil ist. Nur dann werden sie sich aktiv daran beteiligen. Das neue System muss praktikabel, funktionsfähig und zuverlässig sein. Sobald die guten Arbeitsbeziehungen etabliert sind, können Sie sich ganz auf die Smart-Factory-Technologie konzentrieren.

    Steuern Sie Ihre Fabrik aus der Ferne

    Die Verwaltung von Assets und die Möglichkeit der Remote-Steuerung spielen in einer intelligenten Fabrik eine entscheidende Rolle. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels.

    Mit den richtigen Tools können alle OT-Assets und -Geräte in einem Dashboard zusammengefasst werden, um sie remote zu verwalten. Über dieses Dashboard können alle IT- und OT-Hardware-Assets zentral eingesehen und technische Probleme dank der umfassenden Vernetzung gelöst werden.

    Die Digitalisierung der Produktion bringt es mit sich, dass Supportteams flexibler und reaktionsfähiger agieren müssen, wenn eine Störung auftritt. Dazu benötigen sie eine sichere Lösung für Remote-Konnektivität mit der sie auf Maschinen zugreifen und diese steuern können, ohne dass ein Mensch vor Ort sein muss. Dadurch erhalten Fachleute sofortigen Zugang zu bestimmten Geräten.

     

    Eine Plattform für alle Daten

    Ein weiterer möglicher Schritt zur Smart Factory besteht darin, alle Komponenten der Fabrik zu integrieren. Der Einsatz von Software, beispielsweise eines Factory Data Hub, ist eine Option, dies zu erreichen. Dieser Data Hub dient als einheitliche Dateninfrastruktur, die die Kluft zwischen OT- und IT-Technologie überbrückt.

    Die Software kann vollständig von der Fabrik verwaltet werden, wobei das Gateway die industriellen Daten vor Ort erfasst, verarbeitet und verteilt. Gleichzeitig ermöglicht sie die nahtlose Kommunikation zwischen verschiedenen Geräten, Maschinen und Prozessen. Dies entkoppelt die Produktionsinfrastruktur von kritischen Zugriffsanfragen aus anderen Netzwerken.

    Diese Vorgehensweise gibt OT-Managern Sicherheit. Ausschlaggebend ist auch, dass die IT auf diese Weise große Datenmengen in die richtige Richtung fließen lassen kann.

    Eine Datenbasis für das gesamte Werk schaffen

    Sobald die Fabrik vernetzt ist, besteht der nächste Schritt darin, ein Unternehmen zu finden, das die Daten analysiert. Vernetzte Maschinen bringen unterschiedliche Datenstrukturen, Zykluszeiten und Datenelemente mit sich. Ein erfahrenes Partnerunternehmen, das mit dieser Komplexität umzugehen weiß, ist unabdingbar.

    Die Erfassung, Strukturierung und Analyse von Daten aus der Produktion mit innovativen KI-Anwendungen kann vielfältige Erkenntnisse liefern. Durch die Auswertung von Aspekten wie Qualitätskontrolle, Anlagenleistung auf Systemebene und vorausschauender Wartung können datengestützte Entscheidungen getroffen werden. Das verbessert die Effizienz und Resilienz der Fabrik erheblich.

    Mitarbeitende in der Produktion intelligent unterstützen

    Nach den Maschinen und den Daten gibt es noch einen Faktor, mit dem wir uns beschäftigen müssen: Die Mitarbeitenden in der Fabrik. Genau hier setzen industrielle Augmented-Reality(AR)-Lösungen an.

    Mitarbeitende in der Produktion können sich mit Hilfe von Augmented Reality (AR) weiterbilden. Digitale Tools können sie unterstützen. Mit Smart Glasses können sie Schritt-für-Schritt-Anweisungen in ihrem Sichtfeld abrufen. Dies trägt dazu bei, dass sie in ihrem Arbeitsalltag effizienter und produktiver sind.

    AR macht das Lesen technischer Handbücher überflüssig. Mitarbeitende müssen sich bei Fragen nicht jedes Mal an ihre Vorgesetzten wenden. Vielmehr werden sie selbst Teil der digitalen Infrastruktur. Sie können Live-Daten wie Arbeitsanweisungen direkt auf ihren Geräten einsehen.

    Mit Blick auf den anhaltenden Fachkräftemangel in der Fertigungsindustrie ermöglicht diese Technologie auch eine effizientere Rekrutierung und Einarbeitung.

    Die Hyundai Motor Company nutzt die innovative Technologie von TeamViewer Frontline im Werk in Singapur. Die ganzheitlich ausgerichtete Smart Factory vernetzt mithilfe von Digital-Twin-Technologie Menschen, Roboter und Logistik. Zudem stellen intelligente Produktionszellen und ein KI-gesteuertes Lager eine hocheffiziente Bestandsverwaltung sicher.

    Indem OT und IT in der Smart Factory intelligent aufeinander abgestimmt wurden, konnte Hyundai Prozesse, Qualitätskontrolle, Effizienz und Onboarding verbessern.

    Die digitale Transformation der Fertigungsindustrie ist ein stetiger Prozess. Durch die Verknüpfung der realen und der digitalen Welt sowie durch innovative Robotik, Sensoren, Monitoring-Tools und Server entsteht ein komplexer Technologie-Stack. Das stellt auch eine Herausforderung für die Mitarbeitenden dar, die sich weiterbilden und anpassen müssen, während sie gleichzeitig die täglichen Anforderungen bewältigen.

    Doch dieser Aufwand ist es mehr als wert. Eine Smart Factory bringt zahlreiche Vorteile mit sich, unter anderem höhere Produktivität, weniger Ausfallzeiten, mehr Sicherheit, höhere Produktqualität und besseren Kundenservice.

    Sobald es uns gelingt, eine Brücke zwischen der realen und der digitalen Welt zu spannen, werden intelligente Fabriken zur Erfolgsgeschichte. Der ausschlaggebende Punkt ist, dass sowohl IT als auch OT davon profitieren. Das macht die vierte industrielle Revolution so aufregend.

    Über den Autor

    Georg Beyschlag

    President, TeamViewer Americas

    Georg Beyschlag leitet das Geschäft von TeamViewer in Nord-, Mittel- und Südamerika. Von Clearwater, Florida (USA) aus verantwortet er alle Go-to-Market-Aktivitäten in der Region, einschließlich des Direktvertriebs und der Entwicklung eines Netzwerks von starken Allianzen wie Vertriebspartnern, Händlern und Wiederverkäufern.

    Zuvor leitete Georg die globalen Personal- und Kundensupport-Teams von TeamViewer und war als Vice President of Finance & Controlling tätig. Er war eine treibende Kraft hinter dem erfolgreichen Börsengang des Unternehmens im Jahr 2019. Seither verantwortete er die übergreifende Strategieentwicklung und zahlreiche zentrale Projekte, darunter die wichtigen Akquisitionen.

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