01.04.2024
Julia und Sandro sind Eltern und stehen vor der Herausforderung, kleine Kinder großzuziehen und gleichzeitig zu arbeiten. Sie sprechen darüber, was hybrides Arbeiten und Remote Work für sie bedeuten, wie sie Beruf und Familienleben unter einen Hut bringen, wie anderen berufstätigen Eltern dieser Spagat gelingt und was Unternehmen tun können, um Familien besser zu unterstützen.
Julia: Mein Name ist Julia und ich habe einen 19 Monate alten Sohn. Ich arbeite seit fast vier Jahren bei TeamViewer und bin dort Social Media Managerin.
Sandro: Ich heiße Sandro und mein Sohn ist jetzt 18 Monate alt. Ich bin seit fast fünf Jahren bei TeamViewer und arbeite derzeit als Senior Content Marketing Manager.
Julia: Unsere Kita macht um 16:00 Uhr zu und ist oft unerwartet ganz geschlossen. Ich bin froh, dass ich flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, habe. So kann ich mich auf alles einstellen. Natürlich gab es auch schon unangenehme Momente in Besprechungen, wenn ich mein Kind auf den Schoß nehmen musste, aber ich habe sehr hilfsbereite Teammitglieder. Sie verstehen, dass das Leben nicht immer nach Plan verläuft.
Sandro: Hybrides Arbeiten war für mich ein Paradigmenwechsel. Wie Julia schon sagte, schafft es ein Sicherheitsnetz, wenn die Kinderbetreuung ausfällt oder es meinem Sohn nicht gut geht. Es ist nicht immer einfach, aber es ist die beste Lösung, wenn keine Großeltern oder andere Betreuungspersonen in der Nähe wohnen.
Julia: Im Moment konzentrieren wir uns darauf, Familienzeit zu priorisieren. Wenn wir nichts Dringendes zu erledigen haben, versuchen wir zu warten, bis unser Sohn schläft. Irgendwann ist er dann mit seinen Freunden unterwegs und wir können wieder zu unseren normalen Arbeitszeiten zurückkehren.
Sandro: Es ist eine Herausforderung, beides nicht zu vermischen. Wenn du von zu Hause aus arbeitest und dein Kind etwas braucht, kannst du es nicht einfach auf später vertrösten. Du musst dich sofort darum kümmern.
Es ist wichtig, Zeit für sich selbst zu finden. Bevor wir ein Kind hatten, haben meine Frau und ich viel unternommen, Sport getrieben und so weiter. Es ist unmöglich, all das zu tun, was wir früher getan haben, aber wir versuchen so gut wie möglich, uns Zeit für uns selbst zu nehmen.
Julia: Das kann ich gut nachvollziehen, denn es gibt Tage, an denen ich merke, dass ich überhaupt nicht draußen war. Als Eltern hat man weniger Zeit alleine und muss darauf achten, dass man sich auch um sich selbst kümmert.
Zum Glück habe ich Kontakt zu Menschen außerhalb meines Haushalts, denn der Austausch mit meinen Kollegen ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich nehme ständig an Online-Meetings teil und unterhalte mich mit allen. Auch wenn die Gespräche nur digital stattfinden, fühle ich mich dadurch mit anderen Menschen verbunden.
Sandro: Das Haus zu verlassen hilft mir, mich zu entspannen und konzentriert zu bleiben. Wenn ich zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringe, schadet mir das körperlich und geistig. Ich glaube, das können die meisten Menschen nachvollziehen. Ich versuche, in der Mittagspause spazieren zu gehen, auch wenn es nur ein paar Minuten sind.
Julia: In Deutschland wird normalerweise erwartet, dass Frauen nach dem Mutterschutz in Teilzeit zurückkehren. Deshalb waren viele Leute ziemlich überrascht, als ich mich entschied, wieder Vollzeit zu arbeiten. Es war fast so, als würde ich die Erwartungen übertreffen. Bei Männern scheint das anders zu sein ...
Sandro: Ich habe nach der Geburt meines Sohnes ein Jahr pausiert, meine Frau ist direkt danach wieder in den Beruf eingestiegen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen immer noch der Meinung sind, dass Männer sich auf ihre Karriere konzentrieren und Frauen sich um die Familie kümmern sollten. Das finde ich merkwürdig, denn Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen Väter überhaupt eine längere Auszeit nehmen können, um sich um ihre Kinder zu kümmern.
Das Hauptproblem ist das Selbstverständnis vieler Männer. Sie haben vielleicht das Gefühl, dass sie nicht 'männlich' sind, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern. Aber ich kann dir sagen, dass es eine Herausforderung ist, sich um ein Baby zu kümmern!
Julia: Womit wir wieder bei dem Thema wären, von dem vorhin die Rede war. Bei Remote Work verschwimmen manchmal die Grenzen zwischen Arbeit und Familie. Eltern wollen Job und Kindererziehung unter einen Hut bringen, aber manchmal gehen wir dabei zu weit.
Früher habe ich die Mittagspausen geschätzt. Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich mir keine Pause gönnen darf, falls ich mein Kind früher abholen muss. Wir versuchen ständig, uns etwas zu beweisen, selbst in unserer Freizeit. Frischgebackene Eltern sollten so aber nicht denken.
Sandro: Ich würde ihnen raten, ihren Teammitgliedern oder Vorgesetzten gegenüber völlig ehrlich zu sein. Wenn es dem Kind zum Beispiel nicht gut geht, sagt ganz offen: Mein Kind ist krank. Ich muss mich um es kümmern. So zu tun, als sei alles in Ordnung, hilft niemandem. Und die Leute verstehen das. Sie verstehen es wirklich.
Julia: Was Sandro gesagt hat, ist sehr wichtig. Man muss offen mit seinen Vorgesetzten kommunizieren können. Ich fühle mich wohl, wenn ich meinem Team sagen kann, dass ich mich heute auf sie verlassen muss. Das ist nicht in jedem Unternehmen der Fall. Aber die Möglichkeit, persönliche Dinge anzusprechen, ohne dafür verurteilt zu werden, ist wichtig, vor allem für Eltern. Vertrauen ist entscheidend. Die Unternehmen sind gefordert, eine entsprechende Kultur zu schaffen.
Sandro: Es ist auch wichtig, Büroräume anzupassen. Einfache Veränderungen, wie breitere Eingänge für Kinderwagen und spezielle Stillräume, können für Eltern einen großen Unterschied machen. Einige größere Unternehmen bieten auch eine Kinderbetreuung an. Stellt euch vor, wie viel einfacher es ist, sein Kind mit ins Büro zu nehmen und jemanden zu haben, der sich darum kümmert.
Sandro: Ich finde es toll, dass wir dieses Gespräch geführt haben. Das sollte öfter passieren. Es trägt dazu bei, ein Bewusstsein zu schaffen und die Erfahrungen berufstätiger Eltern zu normalisieren.
Julia: Ja, das finde ich auch. Wenn wir unsere Erfahrungen austauschen, trägt das zu einer besseren Arbeitskultur bei. Ich hoffe, dass unsere Diskussion für einige berufstätige Eltern da draußen hilfreich ist.
Danke für das Gespräch.
– Das Interview führte Tim McHutchison